Mehrere negative Urteile zu Gunsten der Banken

Anlegeranwälte zu euphorisch?

 

 22.06.2010

 

Nachdem in einer ersten Welle von landgerichtlichen (erstinstanzlichen) Urteilen die Anleger Erfolge gegen die beratenden Banken feiern konnten, wird die Rechtslage von weiteren Landgerichten und auch von den in zweiter Instanz angerufenen Oberlandesgerichten durchaus differenzierter gesehen.

 

Die früheren Entscheidungen haben oftmals die individuelle Situation des Anlegers/Klägers nur am Rande betrachtet und sich auf die fehlende Aufklärung bezüglich der kick-backs und bezüglich des nicht vorhandenen Einbezugs in den Einlagensicherungsfonds fokussiert. Teilweise wurde auch der fehlende Hinweis auf das Emittentenrisiko sanktioniert.

 

Die ersten Entscheidungen haben darüber hinaus nicht differenziert, ob es sich bei dem Wertpapiergeschäft um ein so genanntes Kommissionsgeschäft oder um ein Eigengeschäft bzw. um ein Festpreisgeschäft handelte.

 

Zur Erläuterung: Vereinfacht ausgedrückt handelt die Bank bei einem Kommissionsgeschäft als Vermittler und Vertreter und bringt nur die vertragsschließenden Parteien zueinander. Die Bank erhält eine Art Vermittlungsprovision, die Folgen des Rechtsgeschäfts treffen den Verkäufer bzw. den Emittenten und den Käufer/den Anleger.

 

Bei einem Eigengeschäft hat sich die Bank die Wertpapiere vorher in eigenem Namen besorgt und verkauft sie mit einem Aufschlag an den Anleger weiter.

 

Zwischenzeitlich differenzieren die Landgerichte danach, ob die Anleger Wertpapiererfahrungen hatten und ob sie z. B. durch schriftliche Unterlagen über die wesentlichen Risiken aufgeklärt worden sind. Außerdem wird genau betrachtet, ob die fehlenden Informationen auch ursächlich für den Kauf gewesen sind. Wenn dies nicht der Fall war, oder wenn der Anleger langjährige Erfahrungen hatte, kann es sein, dass die Richter die Klage abweisen. Mithin erscheint die schlichte Berufung auf die fehlende Aufklärung über kick-backs usw., wie man sie im Internet immer wieder lesen kann, nicht mehr erfolgversprechend, auch nicht in erster Instanz.

 

Auch die Problematik der Eigengeschäfte wurde jetzt vom OLG Hamburg in seiner Entscheidung vom 23.04.2010 (AZ 13 U 117/09) anders beurteilt. Das Landgericht Hamburg hatte als eines der ersten Landgerichte am 10.07.2009 (AZ 329 O 44/09) die Verwerflichkeit der Kick-back-Zahlungen im Kommissionsgeschäft derjenigen in Eigengeschäften gleichgesetzt. Dieser Thematik wird sich also der BGH in letzter Instanz noch einmal annehmen müssen.

 

Nach meiner Erfahrung behauptet insbesondere die Dresdner Bank AG, nur Eigengeschäfte ausgeführt zu haben. Ob diese Behauptung der Wahrheit entspricht, darf aufgrund einiger Indizien bezweifelt werden. Die anhängigen Gerichtsverfahren werden Klarheit bringen.

 

Nichtsdestotrotz hat eine Vielzahl von Rechtsanwälten die Lehman-Anleger verunsichert und teilweise in Gerichtsverfahren hineingetrieben, ohne den Sachverhalt genau zu erforschen. Es reicht eben gerade nicht aus, nur die Begriffe kick-back und Einlagensicherungsfonds zu verwenden und dann den Anlegern zu suggerieren, der Prozess sei schon so gut wie gewonnen. Es kommt, wie in jedem Gerichtsverfahren, auf den speziellen Einzelfall und auf die dortigen Umstände an. Jeder Fall ist anders gelagert und hat seine spezifischen Merkmale, die über ein Obsiegen oder ein Unterliegen entscheiden.

 

In diesem Zusammenhang sei auch die gern genutzte so genannte Abtretungslösung genannt. Hierbei geht es darum, dass dem Anleger oftmals ein neutraler Zeuge fehlt, weil er alleine dem Bankberater gegenüber saß. Die Aussagen der Bankberater sind meistens tendenziös zu Gunsten ihres Arbeitgebers eingefärbt, sodass dem Anleger der Zeugenbeweis fehlt. In diesen Situationen wird regelmäßig dahingehend beraten, dass der Anleger seine Ansprüche auf eine vertraute Person (oder auf Angestellte des Rechtsanwalts!) abtreten und sich selbst als Zeugen benennen soll.

 

Ungeachtet der Tatsache, dass die Richter die Aussagen der so gewonnen Zeugen entsprechend auch negativ würdigen können, gibt es zuweilen Probleme mit der Deckungszusage von Rechtsschutzversicherungen (siehe hierzu die Ausführungen unter Deckung bei Abtretungen?).

 

Wenn also über diese Problematik von Seiten des Anwaltes nicht oder nur unzureichend aufgeklärt wurde und aufgrund dessen der Versicherungsschutz der Rechtsschutzversicherung verloren geht, wäre die Frage der Schadenersatzpflicht des Rechtsanwalts zu prüfen. Dies gilt im Übrigen auch für die Verursachung von Kosten, die der nicht rechtsschutzversicherte Anleger an den Anwalt zahlen muss, wenn er nicht ausreichend über die Risiken eines gerichtlichen Verfahrens gegen die Bank aufgeklärt hat.

 

Gerne bin ich bei weiteren Fragen den Rat suchenden Anlegern behilflich.

 

 

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